Rede zur Lage an den Hochschulen

Gemeinsam die Folgen der Energiekrise für Hochschulen und Studierende bewältigen

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die AfD hat heute bereits zu viel Aufmerksamkeit bekommen, deshalb möchte ich mich direkt denen widmen, die sie verdienen. Die finanzielle Lage für Hochschulen, Studierendenwerke und Studierende ist schwierig. Die Krise ist untrennbar von ihrer Ursache. Da dies oft vergessen oder bewusst negiert wird, möchte ich sie explizit erwähnen. Da hatte ich wohl hellseherische Fähigkeiten beim Vorbereiten meiner Rede.

Russland hat völkerrechtswidrig ein europäisches Nachbarland überfallen und führt gegen das restliche Europa einen Energie- und Wirtschaftskrieg. Dies hat massive Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, private und öffentliche Haushalte. Die Politik muss nun gemeinsam die Herausforderungen bewältigen und die Folgen für die Menschen in unserem Land abmildern.  Auch für den Hochschulbereich gilt, was für alle anderen gerade gilt: Die genauen Effekte der insgesamt 300 Milliarden € schweren Hilfen des Bundes sind noch nicht kalkulierbar. Doch es ist klar, sie werden wirken, mittelbar und unmittelbar für Studierende, Studierendenwerke und Hochschulen.

Deswegen ist das wichtig, was wir in der Corona-Krise mit den Hilfspaketen bereits mehrfach geübt haben: Erst muss der Bund entscheiden, wie seine finanziellen Hilfsinstrumente ausgestaltet sind, und dann kann das Land sagen, wie es die Lücken füllt und darauf reagiert. Hier zu sagen, die Fraktionen hätten mit ihrem Antrag entschieden, den Hochschulen nicht zu helfen, ist unbegründet und falsch. Eine gute Finanzierung von Studierendenwerken und Hochschulen, genauso wie gute Studienbedingungen für Studierende, sind für uns schon immer wichtig; deshalb haben wir in den letzten Jahren die finanziellen Mittel deutlich erhöht. Dies trägt nun auch dazu bei, die Auswirkungen der Energiekrise abzumildern.

Gerade bei den Hochschulen beginnen wir. Die Prognosen für die gestiegenen Kosten durch hohe Energiepreise und Inflation sind für alle Hochschulen eine Herausforderung, unterschiedlich stark je nach Mix der Energieträger, bestehenden Verträgen, Fachbereichen und Gegebenheiten der Gebäude. Grob über den Daumen kann man zur Veranschaulichung sagen: Die Mehrkosten entsprechen rund denen eines mittelgroßen Fachbereichs. Viele Hochschulen können kurzfristig auf Rücklagen zurückgreifen, doch nicht alle. Das gefährdet die erreichten Erfolge des Hochschulpakts. Mit dem Aufwuchs von 2,5 Milliarden € auf den Hochschulpakt haben wir ein Gestaltungsplus geschaffen, das Investitionen in Qualität von Lehre, in bessere Arbeitsbedingungen, in exzellente Forschung, aber auch Investitionen in Neubau und in Sanierung ermöglicht. Die Hochschulleitungen stehen jetzt vor der Herausforderung, unter schwierigen Bedingungen für das nächste Jahr ihre Haushalte aufzustellen. Wir lassen sie in dieser Situation nicht allein, sondern arbeiten gemeinsam an Lösungen.

Wir stehen weiter zum Pakt, investieren zusätzliche Mittel für mehr Energieeffizienz, die Nutzung von erneuerbaren Energien und für mehr Resilienz. Wir setzen uns dafür ein, dass die Hochschulen als Bildungseinrichtungen von den Entlastungspaketen profitieren. Für die Studierendenwerke ist die Situation leider nicht anders. Besonders auf den Mensen lastet der Kostendruck enorm. Durch das veränderte Studienverhalten sind viele Studierende noch nicht wieder in den Mensen, was die Situation der gestiegenen Preise zusätzlich verschärft. Die zweite Herausforderung ist im Bereich des Wohnheimbaus durch die gestiegenen Baukosten, wie bei allen, die bauen. Wir haben im Wohnheimbau in den letzten Jahren richtig Fahrt aufgenommen. Mit einer kontinuierlichen Erhöhung der Mittel von insgesamt 5 Millionen € jährlich für die Studierendenwerke haben wir in Bildungsgerechtigkeit investiert. Auch hier gefährdet die aktuelle Krise die erreichten Erfolge. Auch hier bleibt abzuwarten, was der Doppelwumms für die Studierendenwerke bringt. Auch die Studierendenwerke werden wir weiter unterstützen.

Über die finanzielle Situation von Studierenden haben wir berechtigterweise hier schon oft gesprochen. Rund 80 % der Studierenden sind armutsgefährdet oder leben unterhalb der Armutsgrenze. Dazu gehören auch viele BAföGBeziehende in Hessen aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, uns für eine ortsabhängige Pauschale und eine Öffnung des BAföG im Bund einzusetzen. Das haben wir im Bundesrat in der letzten Legislaturperiode des Bundes auch getan. Wir sind froh, dass in dieser Legislaturperiode im Bund die Koalition in unserem Sinne bereits erste Schritte für ein gerechteres BAföG getan hat und noch weitere angekündigt hat.

Ich möchte an dieser Stelle exemplarisch einen Punkt aus Ihrem Antrag herausgreifen. Sie fordern, dass „Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft … als Diskriminierungskategorie“ ins Hochschulgesetz aufgenommen wird. Ich spreche den Punkt an, weil er mir persönlich auch sehr wichtig ist. Wir haben im Hochschulgesetz keine Negativliste, sondern eine Positivliste. Wir benennen, welche Bedürfnisse von Studierenden die Hochschulen fördern sollen. Wir haben bei der Novelle vor weniger als einem Jahr erstmals mit aufgenommen, dass die Hochschulen auch für die sozialen Belange zuständig sind, selbstverständlich in enger Kooperation mit den Studierendenwerken. Wir arbeiten auch praktisch an der Sensibilisierung für unterschiedliche soziale Herkunft. Durch die Förderung des Landes kann der Verein Arbeiterkind ganz neue Workshops für Mitarbeitende an den Hochschulen anbieten, damit diese die Herausforderungen besser kennenlernen und ihre Willkommenskultur noch diversitätssensibler gestalten können. Diese engagierte Arbeit ist wichtig, weil sie grundsätzlich an den Strukturen ansetzt. Doch natürlich weiß ich auch: In der aktuellen Krise hilft das nicht, wenn das Konto leer ist. Deshalb begrüße ich, dass die Bundesregierung die Studierenden in dieser Krise im Blick hat. Ich möchte den Wohnbedarfszuschlag, der im BAföG gezahlt wird, herausgreifen, weil Sie, Frau Kula, gesagt haben, er werde durch die Inflation aufgefressen. – Ja, genau, das ist doch die Idee, dass der Zuschlag, der jetzt gezahlt wird, die Einmalzahlung, der Heizkostenzuschuss, dazu da sind, die Kosten der Krise zu finanzieren. Auch der WG-Kasse wird durch die Gaspreisbremse Entlastung gebracht. Wir werden auch die Studierenden in dieser Krise nicht alleinlassen.

Abschließend möchte ich noch ein paar grundsätzliche Sätze zum Antrag der LINKEN sagen. Ja, ich wünsche mir in diesen Zeiten manchmal auch, der Finanzminister wäre der Weihnachtsmann, bei dem ich eine solche Wunschliste abgeben könnte. Ich bin gespannt auf Ihre Haushaltsanträge. Nach meinen Schätzungen müssen Sie mit dem, was Sie im Antrag aufgeschrieben haben, mindestens 2,5 Milliarden € für die nächsten zwei Jahre einplanen. Dabei haben Sie es nicht in allen Punkten selbst aufgeschrieben. Viele Punkte sind von den Wahlprüfsteinen der Landes-ASten-Konferenz kopiert. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich stimme mit der Richtung überein. Aber die Wegbeschreibung in diesem Antrag ist leider untauglich.

Ich verstehe es gerade in einer Krise wie dieser, in der wir uns gerade befinden, als Aufgabe von politischen Parteien, taugliche Wegbeschreibungen aus der Krise zu liefern, nicht das Blaue vom Himmel zu versprechen, sondern sich auf das Wichtige zu konzentrieren, dort zu helfen, wo es notwendig ist, denen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können, die Gesellschaft zusammenzuhalten. Daran werden ich und meine Fraktion weiter arbeiten. – Vielen Dank.