Hochschulstandort Hessen sichern: Hochschulpakt sofort verhandeln und auskömmliche Finanzierung gewährleisten

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wer 1 Milliarde Euro Defizit bei den Hochschulen für einen guten Hochschulpakt hält, hat jeden Realitätssinn verloren. Wer behauptet, diese Zahl oder diese Summanden würden nicht stimmen, der versucht abzulenken. Schauen wir uns einmal an, was die Hochschulen rechnen. Ca. zwei Drittel des erwarteten Defizits
entstehen durch geschätzte Tarif- und Inflationskosten bis 2031. Diese Zahl ist ungewiss, sie ist geschätzt. Aber dass die Schätzung der Hochschulen hinreichend konservativ ist, wird nicht angezweifelt. Ca. ein Drittel der Kosten – und um die geht es – sind schon bekannt. Es sind Personalkostensteigerungen, die durch die Erhöhung der Beamtenbesoldung ab diesem Dezember im kommenden Jahr das erste Mal zu Buche schlagen werden.

Herr Minister, Ihr Argument lautet, diese Kosten seien vor dem Paktzeitraum beschlossen worden. Dieses Argument ist doch Augenwischerei. Entscheidend für einen Hochschulpakt ist, wann die Kosten bei den Hochschulen das erste Mal anfallen, und das ist in der nächsten Paktlaufzeit. Am Ende ist es doch ganz einfach: Das Geld fehlt, die Rechnung stimmt. Punkt. Ich möchte noch mit einer zweiten Augenwischerei aufräumen. Sie sagen, das Geld fehlt, wir alle, alle Ressorts müssten sparen. Aber die Wahrheit steht im Erlass zur Haushaltsaufstellung 2026: Nur im Wissenschaftsbereich sinken die Mittel langfristig. In allen anderen Ressorts stagnieren oder wachsen sie. Fakt ist: Die Kürzungen im Hochschulbereich sind eine politische Prioritätensetzung. Bildung ist nicht Ihre Priorität in der Landesregierung. Sie können die Augen nicht davor verschließen, was dieses Defizit von 1 Milliarde Euro an unseren Hochschulen bedeutet. 80 % der Hochschulausgaben sind Personalkosten, das heißt im Klartext: 10 % Personalabbau. Wenn Hunderte Leute ihre Jobs verlieren, würde die SPD nicht dann normalerweise an den Werkstoren stehen? Ich frage mich: Wo sind Sie? Wo ist die Sozialdemokratie in unserem Land?

Der Präsident der TH Mittelhessen sagt: „Unser Defizit wäre so hoch, dass wir, wenn wir fünf Jahre keine Stellen wiederbesetzen, nicht das Defizit ausgleichen könnten.“ An der Frankfurt University of Applied Sciences gibt es schon jetzt einen Stopp aller Berufungsverfahren für Professuren. Stellensperren gibt es an fast allen Hochschulen. Besonders hart ist, dass der stärkste Einschnitt bereits im nächsten Jahr kommen soll. 2026 soll der Hochschulpakt nicht nur nicht wachsen, sondern er soll schrumpfen; denn Sie wollen eine Minusrunde im Pakt von 30 Millionen Euro, während die Hochschulen gleichzeitig 65 Millionen Euro neue Kosten für Tarifsteigerungen schultern müssen. Das heißt, die Hochschulen müssten nächstes Jahr sehr schnell sehr viel Personal einsparen, und das ist der Knackpunkt. Herr Büger hat es Ihnen auch schon erklärt, und ich tue es gerne noch einmal. Hochschulen können so kurzfristig nicht strategisch sparen. Sie müssen gezwungenermaßen zufällig kürzen. Weil Professuren eben auf Lebenszeit angelegt sind, wird gestrichen, was gerade frei wird – egal, ob es verzichtbar wäre oder nicht. Ich nenne das in meinen Gesprächen „Meteoritenschauer“ – nur, dass er nicht die Dinos auslöscht, sondern das Fundament unserer Hochschulen nachhaltig zerstört. Deshalb machen das die Präsidien jetzt deutlich. Ich möchte es klar sagen: Es sind die Präsidien, die aus den Gesprächen zu Recht an die Öffentlichkeit gegangen sind, um auf die Situation in den Verhandlungen aufmerksam zu machen. Da können Sie nicht dauerhaft nur von „guten und vertraulichen Paktgesprächen“ sprechen. Denn wer das mitträgt, der gefährdet am Ende die Hochschulen, und der gefährdet auch Hessens Zukunft. Professor Schleiff, Präsident der Goethe-Universität, bringt das auf den Punkt: „Mit diesen Plänen gefährdet die Landesregierung den Wohlstand Hessens, die Sicherheit und die Zukunft unseres Bundeslands.“
Die Hochschulen sprechen zu Recht von einer Abwärtsspirale, die ein solches Defizit auslöst. Auf gestrichene Stellen folgen die Schließungen von Laboren und von Studiengängen. Weniger Absolventinnen und Absolventen für die Unternehmen der Region sind die Folge. Das gefährdet am Ende den Wissenschafts- und den Wirtschaftsstandort Hessen. In einer solchen Situation würde man einen besorgten Minister erwarten, der den Ernst der Lage sieht, der um Lösungen ringt. Doch das ist nicht das Bild, das Sie, Herr Minister Gremmels, abgeben. Im Gegenteil, Sie haben ein Jahr lang verhandelt, ohne ein einziges Mal zu sagen, was Ihr Angebot
ist. Sie haben lange keine Zahlen geliefert. Heute, weniger als drei Wochen, bevor Sie einen Pakt unterschreiben wollen, haben die Hochschulen immer noch keine hochschulindividuellen Zahlen. Aber wenn die Hochschulen dann mit einer Zahl rausgehen, ist die Ihrer Ansicht nach erst einmal falsch. Dass Herr Kaffenberger heute Transparente von Studierenden kritisiert, spricht Bände. Herr Schmitz, Sie machen die von den Gewerkschaften erstrittenen Tarifabschlüsse zum Sündenbock. Sie seien selbst für die hohen Kosten verantwortlich. Das möchte ich nutzen, um daran zu erinnern: Für alle anderen Landesbeschäftigten wird das Tarifergebnis einfach ausgeglichen; die Hochschulen erbringen es derzeit noch aus dem Pakt. Sie werden es auch im nächsten Pakt noch aus ihrem eigenen Budget erbringen müssen, weil die Landesregierung erst ab einem Tarifabschluss ab 5 % einspringen möchte. Sie haben die Verhandlungen immer wieder verzögert. Sie bauen unnötig einen Zeitdruck auf, um die Unterschrift unter dem Pakt zu erzwingen. So geht man nicht mit Partnern um, die unser Wissenschaftssystem tragen. Ich möchte noch Frau Prof. Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, zitieren: „Und daher appellieren wir an die Landesregierung, unsere Zukunft nicht aufs Spiel zu setzen.

Alle 14 hessischen Hochschulen erwarten, dass sich unser Minister für seine Hochschulen beim
Finanzminister noch stärker einsetzt, noch stärker für die Zukunft eintritt, für unser aller Zukunft.“
Da frage ich mich: Herr Minister, welchen Eindruck haben Sie bisher bei den Hochschulleiterinnen und
-leitern hinterlassen? Wie Ihre Haltung ist, davon konnten wir in der letzten Ausschusssitzung einen Eindruck gewinnen. Statt mit den Hochschulen über politische Prioritäten zu sprechen und sich verantwortlich zu fühlen, haben Sie im Ausschuss folgende Antwort gegeben – ich zitiere aus meiner Erinnerung –: Die Hochschulen sind, wie andere Landesbetriebe auch, zur Einhaltung der vom Landtag erteilten Budgetermächtigung verpflichtet. Die Hochschulen sind verpflichtet, ihre Planungen in eigener Verantwortung
anzupassen. Übersetzt heißt es: Sie müssen selbst schauen, wie sie mit weniger Mitteln hinkommen. Mich interessiert das nicht. – Ja, geht es noch? Das ist eine Bankrotterklärung der Politik. Ich erwarte, dass Sie Ihre Haltung zur Priorität von Bildung korrigieren. Ich erwarte, dass ein Hochschulminister, ein Finanzminister und ein Ministerpräsident verstehen, dass Bildung und Wissenschaft elementar für Innovation und Wohlstand sind. Ich erwarte ein Verständnis für die Struktur und die finanziellen Zwänge unserer Hochschulen. Wenn Sie die Hochschulen zum Sparschwein für den Landeshaushalt 2026 machen, begehen Sie einen gravierenden Fehler. Ich erwarte, dass Sie, Herr Minister Gremmels, diese Verhandlungen führen. Eine Basta-Politik ist eine Jobverweigerung und schadet unserem Land. Wer das Fundament unseres Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts nicht zerstören will, für den müssen mindestens zwei Dinge klar sein: Erstens muss der kommende Hochschulpakt Tarif- und Inflationssteigerungen ausgleichen. Zweitens darf es keine Kürzungen am Sockelbudget geben.

Ich fordere Sie auf: Machen Sie Ihren Job. Verhandeln Sie den Hochschulpakt nach, präsentieren Sie den Hochschulen neue Zahlen, kommen Sie Ihrer Verantwortung für unsere Hochschulen nach.

Vielen Dank.