Meine Rede zur Finanzierung von fairen Arbeitsbedingungen an hessischen Hochschulen

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlich willkommen auch an die Vertreterinnen und Vertreter der Hochschulen auf der Tribüne.

Ich möchte mich bei der SPD für das Lob für eine gute grüne Wissenschaftspolitik in den letzten Jahren bedanken. Gehen wir die konkreten Punkte des Antrags doch einmal von oben nach unten durch. LOEWE-Professur und Spitzenpersonal nach Hessen zu holen: umgesetzt von einer grünen Wissenschaftsministerin. Einführung von konkreten Zahlen für Stellenentfristungen: umgesetzt von einer grünen Wissenschaftsministerin. Der Kollege Daniel May hat im Ausschuss bereits vorgerechnet: Das, was jetzt im Tarifvertrag an Entfristungen als Zielwert vereinbart wurde, ist eine Vollbremsung beim Ausbau von unbefristeten Stellen im Vergleich zu den Zielvereinbarungen im aktuellen Hochschulpakt. Der Kodex für gute Arbeit kommt aus einem grünen Wahlprogramm und wurde umgesetzt von einer grünen Wissenschaftsministerin. Die Evaluation des Kodex ist bereits im Kodex selbst festgehalten – auch hier nichts Neues. Die Vereinbarung, dass die Löhne von studentischen Hilfskräfte immer mit dem Tarifvertrag steigen – Herr Kaffenberger, bei mir waren es damals als studentische Hilfskraft noch 9 Euro –, wurde damals von einer grünen Wissenschaftsministerin eingeführt. Dass die Beschäftigungsdauer mindestens zwei Semester beträgt, steht auch im Kodex – also auch hier nichts Neues. Sachgrundlose Befristungen auf absolute Ausnahmefälle zu beschränken, ist auch bereits im Kodex für gute Arbeit verankert. Wir wissen schon, wer es erfunden hat – also auch hier nichts Neues. Man fragt sich also: Warum schmückt sich die SPD mit grünen Federn? Die Antwort ist einfach: Weil die eigene Bilanz der ersten 100 Tage dieser Landesregierung mau ist.

Denn Forderungen, die die SPD noch in der letzten Legislaturperiode laut gemacht hat – wie den Kodex im Hochschulgesetz zu verankern oder studentische Hilfskräfte in den Tarifvertrag des Landes aufzunehmen –, finden sich im Koalitionsvertrag nicht wieder. Für mehr bessere Beschäftigung findet sich im Koalitionsvertrag, wenn man den richtigen liest, nichts außer nette Worte. Dass die CDU die Erfolge unserer gemeinsamen Regierungsarbeit feiert, das freut mich. Dass die SPD das nun auch tut, überrascht mich. Bis auf ambitionslose Ausbauziele für unbefristete Beschäftigungsverhältnisse steht in Ihrem Antrag zumindest politisch also schon einmal nichts Falsches. Dass der Erfolg unserer Hochschulen nur durch erfolgreiches Personal erreicht wird, ist sogar ausdrücklich sehr richtig. In kluge Köpfe zu investieren, lohnt sich für dieses Land. Deshalb ist es fahrlässig, dass Ihr Antrag zum entscheidenden Punkt bei der Tarifeinigung nichts sagt, nämlich die Frage, wie sie finanziert werden soll.

Herr Kaffenberger, unser Antrag betrifft eben nicht die Paktverhandlungen, sondern die nächsten zwei Jahre des laufenden Paktes. Wenn das Land für seine Beschäftigten einen Tarifvertrag abschließt, dann werden die Mehrkosten für die einzelnen Ministerien – wie Schule, Justiz, Innen – aufgestockt und müssen nicht aus den Einzelplänen der Häuser finanziert werden. Anders ist das nur bei den Hochschulen und beim Hochschulpakt. Hier wird erwartet, dass die Hochschulen die Mehrkosten aus dem Pakt finanzieren können. Herr Minister Gremmels hat im Ausschuss zutreffend festgestellt, dass der aktuelle Hochschulpakt sehr gut ausgestaltet und finanziert ist. Doch die vergangenen Jahre waren für die Hochschulen auch finanziell sehr herausfordernd: Pandemie und damit große Investitionsbedarfe in Gesundheitsschutz und Digitalisierung. Die Energiekrise mit ihren Mehrkosten. Jetzt die Inflation insbesondere mit ihren Baukostensteigerungen. Gleichzeitig erwarten wir natürlich auch, dass die Ziele im Pakt verfolgt werden, nämlich bessere Beschäftigungsverhältnisse, mehr Qualität in Studium und Lehre, exzellente Forschung und gute Beschäftigungsverhältnisse. Das haben die Mitarbeitenden und Studierenden verdient. Außerdem brauchen wir das für einen starken Forschungsstandort Hessen. Kurz: Die Mittel des Paktes reichen nicht für die Tarifsteigerungen und den Inflationsausgleich.

Herr Minister, Sie haben im Ausschuss gesagt – so steht es im Protokoll der öffentlichen Sitzung –, dass Sie davon ausgehen, dass die Mittel des Hochschulpakts ausreichen, um die Tarifsteigerungen abbilden zu können. Herr Minister, damit liegen Sie falsch, und das haben Ihnen die Hochschulen auch gesagt. Die Hochschulen fordern Sie gemeinsam in einem Brief auf, ihnen 5 % einmaligen Anstieg des Paktes zum Inflationsausgleich zu geben. Was ist Ihre Antwort darauf? In den vergangenen Jahren haben wir bei der Energiekrise den Hochschulen mit zusätzlichen Mitteln unter die Arme gegriffen. Wer noch Rücklagen hatte, hat mehr selbst geleistet. Auch jetzt brauchen wir wieder eine gemeinsame Anstrengung. Die Tarifsteigerungen stellen die Hochschulen vor strukturell große Probleme. Insbesondere die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind betroffen. Wenn das Land nicht handelt, reden wir hier nicht von einzelnen Stellensperren. Lassen Sie mich die Dimensionen klarmachen. Allein die Inflationsausgleichsprämie sind 70 Millionen Euro für die Hochschulen. Ein Beispiel: Die TU hat einen jährlichen Haushalt von rund 300 Millionen Euro. Der Tarifabschluss bedeutet für sie in den Jahren 2024 und 2025 Mehrkosten in Höhe von 30 Millionen Euro. Das kann nicht aus der Portokasse kommen. Alle Zahlen konnte uns der Minister noch nicht vorlegen. Nachforschungen von mir haben aber ergeben, dass auf die Universitäten Gießen, Marburg und Kassel in den nächsten zwei Jahren über 86 Millionen Euro zukommen. Das können die Hochschulen nicht alleine leisten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion, die die meisten direkt gewählten Abgeordneten stellt, sehr geehrte Kollegen der CDU, gehen Sie in die Hochschulen in Ihrem Wahlkreis und fragen diese, was die aktuellen finanziellen Herausforderungen sind und was sie für ihren Standort bedeuten. Kollege Kaffenberger, Sie haben gesagt: So wird die Wissenschaft ein attraktiver Arbeitgeber für Fachkräfte. – Ich hoffe, ich habe das auf die Schnelle richtig mitnotiert. Nein, die Konsequenz einer halbherzigen Politik wie dieser sind Stellensperren. Sie reden hier von guten Arbeitsbedingungen. Es geht darum, dass das Gehalt am Ende des Monats auch auf dem Konto eingeht. Ich würde sagen, das gehört zu guten Arbeitsbedingungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, einen Antrag zu stellen, der sich für einen Tarifabschluss feiert, aber die Hochschulen mit der Finanzierung völlig alleine lässt, ist ein Schlag ins Gesicht für die Hochschulen, die nach Kräften daran arbeiten, kluge Köpfe zu gewinnen und zu halten. Lassen Sie uns keinen Antrag verabschieden, der kein Wort zur Finanzierung der Tarifsteigerungen sagt. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag gestellt, der den Willen des Parlaments bekundet, dass sich das Land an der Finanzierung beteiligt und wir diese Anstrengungen gemeinsam stemmen.

Ich fordere Sie auf, stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. – Vielen Dank.